24.09.08, Mainpost Würzburg-Stadt
Die FDP will Hecht im Karpfenteich sein

Guido Westerwelle beim Wahlkampf-Endspurt in Würzburg

Den Begriff Wahlkampf-Endspurt nahm Guido Westerwelle am Dienstagabend in Würzburg wörtlich: Der FDP-Chef hatte keine Zeit für ein Bad in der Menge, für Diskussionen. Nachher zum Gruppenfoto mussten sich die heimischen Kandidaten sputen – wer sich nicht schnell genug aufs Podium drängelte hatte Pech gehabt.

Eiliger Abschied: Guido Westerwelle (links) winkt dem Publikum, während Kandidaten und Anhänger auf der Bühne jubeln.
Eiliger Abschied: Guido Westerwelle (links) winkt dem Publikum, während Kandidaten und Anhänger auf der Bühne jubeln.

Beim Herauseilen aus dem Vogel Convention Center noch ein Foto mit Blondine, zwei hastige Sätze in die Mikrofone, dann war der eilige Guido schon wieder weg. Und mit ihm die meisten Besucher, obwohl die örtlichen Kandidaten diskussionsbereit waren. Westerwelle hat eben keine Zeit zu verlieren auf dem Weg zur Macht: Bayern ist der Aufgalopp zu einem einjährigen Marathon, der den FDP-Chef nach der Bundestagswahl 2009 in eine Regierung mit CDU/CSU führen soll, als Außenminister und Vizekanzler.

Noch aber breitet er Spott über den Wunschpartner aus, insbesondere über die CSU: „Sie tut so, als sei sie nicht in der Bundesregierung. Als ich vorhin von Berlin weggeflogen bin, war sie es noch.“ 19 Steuererhöhungen habe die CSU in den vergangenen drei Jahren mitbeschlossen, darunter den Wegfall der Pendlerpauschale. „Jetzt sammeln sie Unterschriften gegen sich selbst. Im normalen Leben würde man so jemand zum Arzt schicken.“ Die CSU habe auch nichts dagegen unternommen, dass die Bundesregierung weiter 200 Millionen Euro Entwicklungshilfe nach China überweist. „Nach China Entwicklungshilfe! Dabei sind die drauf und dran, uns als Exportweltmeister abzulösen. Und mal so nebenbei: Dort fährt der Transrapid.“

Die Spitze sitzt, frenetischer Beifall. Westerwelle legt zur Erbschaftssteuer nach. „Da bläst sich die CSU groß auf. Wenn die wirklich was Gutes erreichen könnten, hätten sie das vor der Wahl landauf, landab verkündet. Das wurde gezielt auf nach der Wahl vertagt, weil die ja auch nicht blöd sind, wenigstens die meisten“, fügt er mit argloser Miene an. Der Saal tobt, die rund 400 Zuhörer hat der smarte Guido – schwarzer Anzug, weißes Hemd, gelb-schwarze Krawatte – längst überzeugt. „Der Unterhaltungswert war hoch, und informativ war es auch“, sagt ein Zuhörer, Mitte Fünfzig, der auch schon CSU-Veranstaltungen besucht hat. Lehramts-Studentin Kristine Semper hat vor allem Westerwelles Credo zur Bildung überzeugt, das in dem Satz gipfelte: „Wer wie die Linken Noten abschafft, um Frust bei schwachen Schülern zu verhindern, der nimmt gleichzeitig fleißigen Schülern die Chance auf eminent wichtige Erfolgserlebnisse.“

Den Zehnten zum Finanzamt

Leistung müsse sich lohnen, in der Schule, im Beruf, im Geldbeutel. „Früher gab es in Franken Bauernaufstand, weil man den Zehnten nicht länger zum König tragen wollte. Heute würde man auf Knien den Zehnten ins Finanzamt bringen, wenn es damit erledigt wäre.“ Gut informiert, der Mann, der den Seitenhieb Richtung Marktplatz, zur CSU-Kundgebung, dem unterfränkischen FDP-Spitzenmann Carsten Klein überlässt. „Schön, dass Sie hier sind. Die CSU lässt die Leute im Regen stehen“.

Gedankenspielen zu einer „bunten Koalition“ erteilt der bayerische FDP-Spitzenkandidat Martin Zeil eine harsche Absage. „Wir wollen nicht mit Linken über die Zerschlagung von BMW und Audi reden“, ruft er: Westerwelle klatscht und lacht, richtet den Fokus wieder auf die CSU. „Wir wollen es machen wie der Hecht im Karpfenteich: Ohne ihn werden die Karpfen fett und faul.“

Hecht passt zudem perfekt zu Westerwelle: Angriffslustig, schnell, eilig, wendig. Mal sehen, wie viel von seinen in Würzburg erwähnten 400 Vorschlägen zur Steuerentlastung der Bürger ab 2009 umgesetzt werden, sollte die FDP im Bund mit an die Macht kommen. Und ob die Karpfen schwarz sind – oder am Ende gar rot-grün…